Liebesgeschichten: Gehen oder Bleiben? Folge 2: Die gleichgültige Beziehung
In der 1. Folge dieser Thematik hatte Annette,36 aus eine neue Möglichkeit gefunden besser mit ihrer „stürmischen Beziehung“ umzugehen.
Alarmstufe Rot herrscht aber nicht nur bei „stürmischen“, sondern auch bei gleichgültigen Beziehungen. Auch wenn hier die Leidenschaft für einander erloschen ist, so ist nicht selten die unterdrückte Wut ebenso präsent. Der Hauptunterschied liegt hier nur in dem fehlenden Wunsch, noch miteinander streiten oder kämpfen zu wollen.
So sah es auch in der Ehe von Lothar, 58 aus. Er war seit 28 Jahren verheiratet und litt seit etwa 8 Jahren unter starkem Übergewicht. Lothar: „Ich hatte schon ewig versucht, abzunehmen, aber nichts funktionierte. Als sich mein Arzt dann nach meiner Ehe erkundigte, dämmerte es mir, dass da vielleicht irgendein Zusammenhang bestehen könnte. Meine Frau und ich stritten nie, aber jeder lebte auch sein eigenes Leben.“
Solch ein Arrangement kann durchaus gut gehen, wenn beide damit zufrieden sind. Aber bei Lothar hatte sich eine große Leere breitgemacht, die er mit übermäßigem Essen versucht hatte zu füllen.
Beide Partner hatten in diesem Fall bisher nicht den Mut gehabt, offen über ihre Gefühle und den Zustand ihrer Ehe zu sprechen. Oft geschieht das aus Angst, den anderen zu verletzten und vor unschönen Auseinandersetzungen oder aber auch vor dem Alleinsein.
Trotz aller Hemmnisse gelang es Lothar mit seiner Frau ein sehr offenes und klares Gespräch zu führen und erlebte, dass sie gar nicht so getroffen war wie er befürchtet hatte, weil es ihr ebenso erging. Allerdings offenbarte sie ihm auch, dass sie vor kurzem eine Affäre begonnen hatte. Das verletzte ihn zunächst so sehr, dass er zum ersten Mal seine Enttäuschung und Wut rauslassen konnte, was wie ein klärendes Gewitter war. Später stellte er für sich fest, dass es mehr sein gekränkter männlicher Stolz war als dass er wirklich eifersüchtig war. Überraschenderweise fanden sie dann gemeinsam relativ schnell eine Lösung.
Lothar: Wir beide fühlen uns mit der Aussprache dermaßen erleichtert und wissen jetzt, dass eine klare Trennung für uns das Beste ist. Eine Scheidung wollen wir vorerst nicht, aber jeder von uns sucht sich eine eigene Wohnung. Und ich weiß genau, dass ich wieder zu meiner alten Form zurückfinde, denn ich will nochmal ganz neu beginnen. Es ist nie zu spät, glücklich zu sein.“
Wie es letztendlich Sabine, 48, in ihrer „einseitigen Beziehung“ ergangen ist, erfahren sie in der nächsten Ausgabe.
Einerseits achtete Lothar seine Frau, andererseits fühlte er sich im Zusammensein mit ihr fremd, gelangweilt und hatte kein Bedürfnis nach körperlichem Austausch. Auch gemeinsame Pläne und Unternehmungen - außer, die Enkelkinder zu besuchen – fanden schon seit Jahren nicht mehr statt. Stattdessen lebten beide Partner in ihrer eigenen Welt.
Als ich ihn mit Hilfe der „diagnostischen Fragen“ die Qualität seiner Beziehung erfragte, stellte er fest, dass er schon seit Jahren überhaupt kein Bedürfnis mehr hatte, seine Frau in irgendeiner Form berühren zu wollen – sei es sie zu umarmen oder zu streicheln, geschweige dann Sex mit Ihr zu haben. Auf die Frage, ob sie denn noch gemeinsame Visionen , Pläne oder Ziele hätten, viel ihm nichts ein -.. Beide Versuche stillen zwar zeitweise den Schmerz über das Ende einer Beziehung, bringen aber langfristig allen Beteiligten nur noch mehr Leid. Respektvoller gegenüber sich selbst und dem Partner ist das direkte Handeln und ein mutiges Gespräch zu zweit. Trotz aller Erkenntnisse fiel es Lothar dennoch nicht leicht, eine eindeutige Entscheidung zu treffen. Lotahr`s größter „Hemmschuh“ war die Befürchtung, seine Frau zu verletzen und dass es zu unschönen Auseinandersetzungen kommen würde. So hilfreich ein Coaching auch ist, die Verantwortung für das eigene Handeln nimmt einem keiner ab und es gibt auch keine Garantie, dass dann nach einer Trennung alles nach Plan laufen wird. Eine Trennung ist immer ein Prozess, der sich je nach Persönlichkeit und Situation über Monate hinziehen kann. An dieser Stelle muss jeder sein eigenes Tempo finden. Wichtig ist nur, dass man dran bleibt.
In den nachfolgenden Coaching-Sitzungen entwarfen wir gemeinsam einen Handlungsplan wie beide Partner durch eine Trennung gewinnen können. Die Angst auslösenden Situationen wurden dadurch entschärft, dass wir verschiedene Lösungsmöglichkeiten mit verteilten Rollen durchspielten. Nach insgesamt 5 Sitzungen war sich Lothar sicher, dass es nicht nur ihm, sondern auch seiner Frau mit einer eindeutigen Entscheidung besser gehen würde.
Deine Serafina
Zurück